DELPHI 2.0. (phyto-pythia)
Installation Mixed Media
2022
Pflanzen, Elektronik, Lautsprecher, Projektion
entstanden im Rahmen der Einzelausstellung „Delphi 2.0 (Phyto-Pythia)“, Mz* Baltazar’s Lab
Danke für die Unterstützung: Bildrecht, Kulturkommission Brigittenau
Erkenne dich selbst
ein Beitrag zu Lena Violetta Leitners Ausstellung
„Delphi 2.0 (Phyto-Pythia)“
Lena Violetta Leitner setzt sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit diversen Aspekten der Institution des Orakels und der dazugehörigen Dimension der Zukunft auseinander.
Experimentierfreudigkeit, Erfindergeist und Dialoge ziehen sich wie ein roter Faden durch Leitners künstlerisches Schaffen. Dabei basieren ihre Forschungen der jeweiligen Projekte auf meist jahrelangen Recherchen und manifestieren sich in Installationen, Interventionen oder Performances.
Im Zuge einer Residency in Athen setzte sich die Künstlerin mit der Orakelstätte Delphi näher auseinander. Ein geschichtsträchtiges Areal der griechischen Antike, zu dem viele Menschen gepilgert sind und sich ihre großen Fragen beantworten ließen. Von den heute noch sichtbaren Fragmenten fertigte Leitner an Ort und Stelle 3D-Scans an und überlagerte diese dann mit Aufnahmen ihres Bildschirmes sowie technisch produzierten Glitches. Die daraus entstandene Videoarbeit lässt die Betrachtenden in eine immersive Welt eintauchen, verweist einerseits auf die Prozesshaftigkeit und die Veränderung – Aspekte, die mit Prophezeiungen einhergehen – , andererseits zeigt sie einen Status Quo auf. Dadurch, dass die Kultstätte nicht mehr alle Informationen trägt, viele sind gebrochen und zerstört, können sich Fehler bzw. Ungewissheiten einschleichen, die systemische Offenheit ins Bewusstsein rücken.
Mit einem „PFLANZENORAKEL“ transferiert die Künstlerin nicht nur die Idee des Orakels, sondern konturiert eine aus Pflanzen bestehende, interaktiven Installation. Positioniert sich der*die Besucher*in inmitten der teils aus fremden Ländern stammenden Pflanzen, so geben diese nach Berührung mehrdeutige Orakelsprüche von sich.
Leitner wählte hierfür den Bogenhanf, auch Schwiegermutterzunge genannt, den Drachenbaum und den Japanischen Staudenknöterich aus. Erstere schafft eine Assoziation zur Redensart „eine spitze Zunge haben“, was so viel bedeutet, wie keine Angst vor der Wahrheit zu haben. Zweitere spannt den Bogen zur Mythologie: Denn einst soll der Drache Python in Delphi gelebt haben und nachdem er von Apollon getötet wurde, übertrug sich seine Seher-Gabe durch das vergossene Drachenblut auf den Ort. Drittere ist als besonders resilientes und invasives Gewächs bekannt, das uns alle überdauern wird und die zeitliche Ebene anspricht. Die Töpfe aus Terracotta erinnern an antike Amphoren, wiederum eine Referenz auf die besondere Kultstätte.
Das Phänomen Orakel erfährt mit Blick auf mehrere Facetten Aufarbeitung, gleichzeitig versucht die Ausstellung diese Institution zu intervenieren und Mittel an die Hand zu geben, um positive Möglichkeitsräume zu schaffen und ihre Realisierung zu fordern.
Paula Marschalek
Kuratorin, Kunsthistorikerin
Ausstellungsansichten: Mz* Baltazar’s Lab, 2022
alle Fotos: Janine Schranz
Videostills
Dokumentation – Interaktion in der Installation